«Wir
sind doch auch nur aus Mensch, aus Knochen und Fleisch, ein Herz das schlägt,
Seele und Geist. Wieviel können wir geben und wieviel verträgt es. Einfach nur
Mensch aus Knochen und Fleisch.»
Dieser Refrain vom Lied «Us Mänsch (Bligg und Marc
Sway), geht mir nicht mehr aus dem Kopf, seit ich den Kommentar von Ch. Mörgeli
zur Irina Hellmann gelesen habe. Er stösst in dasselbe Horn wie viele seiner
Kolleginnen und Kollegen der bürgerlichen Parteien. Auch in der Bevölkerung
gibt es ähnliche Haltungen. Immer wieder hören wir: «Solange sie noch Zeit
haben, zum bloggen/ protestieren oder so, kann es ja nicht so schlimm sein.»
Wir werden als «Jammeris» dargestellt und wer sich offen zeigt, wird persönlich
angegriffen.
Ich kann dazu nur eines sagen: Wer keine Argumente
mehr hat, der zielt halt ad hominem, also auf den Menschen. Schon deswegen habe
ich keine Lust auf Herrn Mörgelis Frontalangriff zu antworten. Doch möchte ich zwei
Dinge klarstellen:
Pflegende sind weder Superwoman, noch
Heilige, noch eine eigene Spezies. Wir sind Menschen!
Und als Menschen haben wir Rechte. Das Recht auf
Freizeit, zum Beispiel. Und anstatt diese ohnehin schon knappe Zeit, zur
Regeration von unserem Knochenjob nutzen zu können, gehen wir auf die Strasse
oder hämmern in die Tastatur um die Politik und die Gesellschaft darauf aufmerksam
zu machen, dass wir gerade sehenden Auges in eine riesige Katastrophe
hineinrasen. Wir tun das, weil wir es als unsere Pflicht ansehen, die Dinge
beim Namen zu nennen, weil wir genug davon haben, für Dinge die Verantwortung
übernehmen zu müssen, die wir nicht in der Hand haben. Und genau deshalb stehen
wir jetzt hin und nehmen unsere Rechte wahr. Das Recht der Meinungsäusserung
ebenso, wie unsere Berufsrechte. Wir haben das Recht Grenzen zu setzen. Ich bin
froh und dankbar, dass unsere Berufsverbände und Gewerkschaften jetzt laut sind
und die Schweinereien, die laufen beim Namen nennen. Das ist nicht jammern, das
ist sagen wies ist. Und wer das nicht aushält, sollte sich dringend Hilfe
suchen.
Pflegende
sind kluge, reflektierte Menschen, sie sind geduldig, aber sie lassen sich
nicht mehr länger verarschen!
Einige werfen uns vor, dass jetzt nicht der richtige
Zeitpunkt ist. Schliesslich sind wir mitten in einer Krise. Diese Haltung
hatten wir in der Ersten Welle auch. Wir haben uns darauf konzentriert unsere
Arbeit bestmöglich zu tun. Wir haben darauf vertraut, dass danach auf uns
gehört wird und sich im Gesundheitswesen etwas ändert. Dann kam der Sommer, es
wurde überall ruhiger. Die Politik hat über alles Mögliche und Unmögliche
gesprochen. Doch zum Pflegenotstand verlor keiner ein Wort.
Viele von uns haben sich geschworen: «Ich gehe nicht
noch einmal schweigend durch diese Krise.» Und darum nehmen wir uns trotz allem
die Zeit uns zu positionieren und aufzuklären. Ja, das kann etwas nerven und
genau das soll es auch, denn nur so, werden wir offensichtlich wahr – und
irgendwann mal auch ernst genommen.
Zu sagen «Es kann ja nicht so schlimm sein», oder
«jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt», ist sehr einfach. Es ist das bewusste
Verschliessen vor der Realität und Verhindern jeglicher sinnvoller Lösung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ihr jetzt mit
mir zusammen hinsteht, ob offen mit Eurem Gesicht oder anonym: Lasst Euch von
diesen Angriffen nicht entmutigen, sondern nehmt sie als Bestätigung, dass wir
auf dem richtigen Weg sind.
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