Donnerstag, 3. Dezember 2020

Die Sache mit dem Jammern - von Madame Malevizia

 

«Die Pflegenden jammern nur!» Dieser Vorwurf trifft mich jedes Mal wie ein Peitschenhieb. Ich zucke innerlich zusammen. Ich will doch nicht jammern. Mehr als einmal habe ich mich gefragt, soll ich dies oder jenes schreiben, oder wird es dann als jammern wahrgenommen? Und gerade jetzt frage ich mich, warum ist jammern so verpönt?

Ich denke es liegt zum einen daran, weil es nicht angenehm ist, zu hören, dass es jemandem, in diesem Fall einer gesamten Berufsgruppe schlecht geht und sie kurz vor dem Zusammenbruch steht. Wir haben es lieber, wenn die «Happy – Life» - Momente geteilt werden. Und gerade von Pflegenden wird erwartet, dass sie ihren Beruf als Bestimmung und Erfüllung erleben. Da stört es ungemein, wenn diese gerade jetzt die Schatten dieses lichtvollen Berufes an die Öffentlichkeit zerren.

Und wenn wir es genau betrachten, wenn wir diesen Stimmen, die immer lauter werden zuhören, müssen wir feststellen: Was gerade im Gesundheitswesen geschieht ist ein Skandal und eine Katastrophe. Wenn wir wirklich hinsehen, stellen wir fest, dass in den letzten Jahren so viel schiefgelaufen ist, dass Menschen in Lebensgefahr bald nicht mehr rechtzeitig gerettet werden können. Was gerade jetzt im Gesundheitswesen geschieht, ist ein Tanz mit dem Feuer. Das zu realisieren macht Angst. Dann lieber die Killerphrase: «Euer jammern, nervt», benutzen und zurück in die Comfort – Zone, des nicht wissen wollens.

Ein Kommentar, ging noch weiter. «Heul leise!», meinte dieser. Tut mir leid, diesen Gefallen kann ich ihm nicht tun. Wir Pflegenden haben nämlich schon viel zu lange leise vor uns hin gelitten. Und was hat es uns gebracht? Jedes Jahr erneute Sparmassnahmen auf unserem Rücken, Politikerinnen und Politiker, sowie weite Teile der Gesellschaft, die keinen blassen Schimmer haben, was Pflegende tun. Schweigen und leise sein, ist einfach keine Option mehr.

Als Pflegende übernehme ich die Verantwortung für Menschen, deren Leben und deren Unversehrtheit bedroht ist. Wenn ich diese Verantwortung nicht mehr tragen kann, ist es meine Pflicht, dies zu äussern. Und genau das tue ich und glücklicherweise immer mehr meiner Kolleginnen und Kollegen.

Ich sage, wie es ist, weil ich will, dass diese Realität endlich zum Thema wird. In der Politik und der Gesellschaft. Denn erst dann, werden wir auch in der Lage sein, sinnvolle Lösungen zu finden.

Und wenn wir diese Lösungen umgesetzt haben, werde ich endlich das tun können, was ich schon immer wollte: Den schönsten Beruf der Welt ausüben.

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